Lutz digitales Spiele-Café
Episode 8:
Hallo,
Seit ihrem letzten Besuch ist schon eine Weile verstrichen, aber auch bei mir war einiges zu tun, was mit meinem Kickstarter Projekt „Secret Hunters“ zu tun hatte.
Zuletzt hatte ich über das Thema Rollenspiele mit ihnen geplaudert. Danach war ich am überlegen, was als Nächstes kommen sollte. Weiter zum Thema Rollenspiel oder doch eher etwas zu den digitalen Spieleanbietern oder doch zu der Schwierigkeit des stationären Handels in Zeiten des Lockdowns. Entschlossen habe ich mich dann für ein völlig anderes Thema, was mir aber auch immer am Herzen gelegen hat, Fantasy-Spiele.
Wenn über Fantasy-Spiele geredet wird, fällt den meisten „Talisman“ ein, dass aufgrund seiner Einfachheit und Anlehnung an bekannte Mechanismen sehr weit verbreitet und ausgesprochen beliebt ist. Ich war nie ein großer „Talisman“-Fan, dazu gab es für mich zu viele Alternativen in den 80-er und 90-er Jahren.
Zu viele Alternativen fragen sie?
Da war zuerst einmal „Verlies“ oder auch „Dungeon“, das auf das „D&D-Rollenspiel“ aufbaute und auf einfache Art Elemente des „D&D-Rollenspiels“ in ein Brettspiel umsetzte. Es gibt verschiedene Charaktere, die auch eine spezielle Eigenschaft haben wie Stärke, Zauberfähigkeit, Diebesfähigkeit. Die Charaktere machen sich auf, in einem gefährlichen Verlies nach Schätzen zu suchen. Diese Schätze werden von immer mächtigeren Kreaturen bewacht, je tiefer man in das Verlies hinabsteigt. Natürlich sind dort auch die kostbarsten Schätze versteckt. Ein Würfelwurf entscheidet über Erfolg oder Misserfolg beim Versuch, die Kreatur zu besiegen. Hatte man einen dieser wertvollen Gegenstände in einem harten Kampf gewonnen und wollte ihn nun schnell nach oben in Sicherheit bringen, lauerte hinter der nächsten Ecke der Dieb eines Mitspielers und stahl einem das kostbare Geschmeide. „Verlies“ oder „Dungeon“ ist ein sehr unterhaltsamer „Dungeon Crawler“, bei dem Spaß und Schadenfreude im Vordergrund stehen und das mit wenig Regeln.
Noch beliebter bei uns zu Hause war Mystic Wood. Erschienen 1980 und wie Paul deStefano in einem wunderbaren Post auf BGG schrieb: „Mystic Wood ist ein archetypisches Abenteuerspiel. Es wäre in der Tat schwierig, 30 Jahre später ein Spiel dieses Genres zu finden, das keine starken Anleihen bei Mystic Wood macht. Selbst wenn die heutigen Entwickler Mystic Wood nie gespielt oder auch nur davon gehört haben – dies ist ein auf das Wesentliche reduziertes Abenteuerspiel.“
Als ich dieses Spiel mit den Töchtern spielte, waren sie nicht älter als 4 und 6 Jahre alt. Alle Karten waren auf Englisch und es war kein Problem. Wie Paul schrieb, ist das Spiel auf das wesentliche reduziert. Jeder Spieler führt einen Charakter, der eine Aufgabe hat, deren Lösung in diesem magischen Wald versteckt ist. Gebietskarten werden aufgedeckt. Es gibt Wege und Orte. Handelt es sich um einen Ort, werden Ereigniskärtchen abgehandelt, die Ereignisse, Kreaturen, Begleiter oder Gegenstände sein können. Jeder Charakter hat neben der zu erfüllenden Aufgabe noch zwei Eigenschaften, „Strength“ und „Prowess“. Ein körperliches Talent und ein geistiges Talent. Mit Begleitern, besiegten Widersachern oder Gegenständen können die beiden Eigenschaften gesteigert werden. Dies ist auch notwendig, da die gestellten Aufgaben sonst nicht zu lösen sind. Ein sehr einfaches Würfelspiel mit unausgewogen Aufgaben und unausgewogenen Charakteren, aber es macht sehr viel Spaß.
Überhaupt sind in den 80ern sehr viele Fantasy-Brettspiele erschienen. Wobei zu unterscheiden ist zwischen Fantasy-Spiele, die eher dem Genre „Wargame“ zuzuordnen sind, wie „Elric“, „Wizards Quest“ und „Dragon Pass“. (Bei „Dragon Pass“ gibt es eine schöne Verbindung zum Rollenspiel. Um das Spiel veröffentlichen zu können, wurde „Chaosium“ gegründet. „Glorantha“, die Welt in der „Dragon Pass“ spielt, wurde später die Hintergrundwelt für das Rollenspiel „Runequest“. Entscheidungen bei „Runequest“ wurden mit einem Prozentwurf entschieden, wie später auch beim sehr beliebten Rollenspiel „Call of Cthulhu“, auch von „Chaosium“.) Und Fantasy-Brettspiele, die dem Genre Abenteuer zuzuordnen sind, wie „Magic Realm“, „Wizards“, „Warlock“ (ein Vorläufer zu „Magic“), „Talisman“, „Dungeon Quest“, „Warlock of the Firetop Mountain“ und „Heroquest“. Eine dritte Gruppe waren die Spiele um das Thema „Herr der Ringe“. Meist auch eher der Gruppe „Wargame“ zuzuordnen. Zuerst zu nennen ist “War of the Ring” von „SPI“, das schon 1977 zum besten Fantasy-Brettspiel ausgezeichnet wurde. „Riddle of the Ring“, Battle of the five Armies“, „The Lonley Mountain” alle von ICE und ebenfalls von “ICE” “Fellowship of the Ring”, das die Grundidee von “War of the Ring” aufgriff und weiterentwickelte. Das Spiel verwendete Würfel als Spielsteine, wobei die Augenzahl die Bewegungsart anzeigt wie schleichen, verstecken, reiten. Außerdem konnte der Fellowship-Spieler in jeder Runde Gerüchte in Form dieser Würfel/ Spielsteine verteilen, um den Sauron-Spieler zu verwirren. Ein interessantes Spiel mit einer fürchterlichen Regel. Ich hatte mir damals für die einzelnen Phasen Karteikarten erstellt, die, war man am Zug der Reihe nach abgehandelt wurden.
Zu „Magic Realm“ fällt mir noch eine Geschichte ein. 1985 fand die „SPIEL“ in Essen zum ersten Mal in der „Gruga“ statt. Wie schon im Jahr davor konnte ich mich zu verschiedenen Spielrunden anmelden, bei denen ein erfahrener Spieler Spiele erklärte. Ich hatte mich unter anderem zu „Magic Realm“ angemeldet. Wir saßen zu acht in einem kleinen Raum zusammen, einem sogenannten Messe-Kabuff. Das Spiel wurde erklärt, als plötzlich die Wände zu vibrieren begannen, dazu ein Brummen und dröhnen, als würden wir in einem Raumschiff statt in diesem Messe-Kabuff sitzen, dass sich anschickte gleich abzuheben. Fluchtartig verließen wir den Raum, um dann festzustellen, dass das Putzkommando der Messe in diesem Teil damit begonnen hatte, mit ihren elektrischen Blockern den Boden zu polieren. Sie schauten uns völlig verwundert an, was wir hier zu suchen hätten. Freundlicherweise stellten sie ihre Arbeiten ein und die Erklärung des Spiels konnte fortgesetzt werden. Die Erklärung und der Aufbau des Spiels dauerten gefühlt eine Stunde. Danach spielten wir gefühlt 10 Minuten und waren alle tot. Auf die Frage des Erklärers, ob wir noch mal anfangen wollten, lehnten alle höflich lächelnd ab. Ein bleibendes Erlebnis. Trotzdem habe ich erst 2019 auf der SPIEL mein Exemplar (ungespielt) verkauft.
Dass diese Spiele damals auch in Deutsch erschienen sind, ist dem „Schmidt-Spiele“-Verlag zu verdanken, der viele dieser Titel übersetzte und auch vertrieb. Wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass „Schmidt“ mit dem Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ sehr erfolgreich war. So erschienen viele der oben genannten Titel bei „Schmidt“. „Warlock“, „Talisman“, „Drachenhort“, „der Zauberer vom flammenden Berg“. Anfang der 90er dann noch die Brettspiele zum „Schwarzen Auge“, „Das Dorf des Grauens“ und „Die Burg des Schreckens“.
Danach wurde es still um die Fantasy-Brettspiele. Erst Anfang des neuen Jahrtausends, sicher auch im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der „Herr der Ringe“-Film-Trilogie erschienen wieder vermehrt Fantasy-Brettspiele. Eines der ersten Spiele war damals „Rückkehr der Helden“. Meine erste Veröffentlichung und das erste eigene Brettspiel von „Pegasus“, die damit damals sehr großen Mut bewiesen und deren Aufstieg als führender Verlag von anspruchsvollen Spielen damit begann.
Interessant ist, dass es bisher kein Fantasy-Brettspiel geschafft hat, von der Jury Spiel des Jahres ausgezeichnet zu werden, außer man wertet „Elfenland“ und „Dominion“ als Fantasy-Brettspiele.
Aber auch auf der Liste des Deutschen Spielepreises tauchen erst so ab 2005 vereinzelt Fantasy-Brettspiele auf. Ist Deutschland kein gutes Pflaster für Fantasy-Brettspiele?
In den letzten Jahren sind einige großartige, aber auch sehr aufwendige Titel erschienen, allen voran das 2017 erschienene „Gloomhaven“. Eine Fülle an Szenarios, Charakteren, Aufgaben und Material. Ich glaube, mal gelesen zu haben, dass die zweite Auflage fast 10 kg wiegt. Für mich als Spieledesigner beeindruckt aber die ungeheure Arbeit, die in diesem Spiel steckt. Dass diese Vielzahl an Komponenten reibungslos ineinandergreift und funktioniert, nötigt mir den größten Respekt ab. Eine solche Arbeit des Designers Isaac Childres kann ich nur bestaunen und bewundern.
Ich hoffe, dass es bis zu meiner nächsten Episode nicht so lange dauern wird. Bleiben sie mir wohlgesonnen und bleiben sie gesund!
Hello,
It’s been a while since your last visit, but I’ve also been busy with my Kickstarter project „Secret Hunters“.
Most recently, I had chatted with you about the topic of role-playing games. After that I was thinking about what should come next. Further on the topic of role-playing games or rather something about digital game providers or about the difficulty of stationary trade in times of lockdown. I then decided on a completely different topic, but one that has always been close to my heart, fantasy games.
When people talk about fantasy games, most people think of „Talisman“, which is very widespread and extremely popular because of its simplicity and its borrowing from well-known mechanisms. I was never a big „Talisman“ fan, there were too many alternatives for me in the 80s and 90s.
Too many alternatives you ask?
First of all, there was „Dungeon“, which was based on the „D&D Roleplaying Game“ and implemented elements of the „D&D Roleplaying Game“ into a board game in a simple way. There are different characters that also have a special property like strength, spell ability, thief ability. The characters set out to search for treasures in a dangerous dungeon. These treasures are guarded by increasingly powerful creatures the deeper you descend into the dungeon. Of course, the most precious treasures are also hidden there. A dice roll determines success or failure in the attempt to defeat the creature. If you had won one of these valuable items in a hard fight and now wanted to quickly bring it upstairs to safety, the thief of a fellow player was lurking around the next corner and stole the precious jewels from you. „Dungeon“ is a very entertaining „dungeon crawler“, where fun and glee are in the foreground and with few rules.
Even more popular at home was Mystic Wood. Released in 1980 and as Paul deStefano wrote in a wonderful post on BGG, „Mystic Wood is an archetypal adventure game. Indeed, it would be hard to find a game of this genre 30 years later that doesn’t borrow heavily from Mystic Wood. Even if today’s developers never played Mystic Wood, or even heard of it – this is an adventure game stripped down to its essentials.“
When I played this game with my daughters, they were no older than 4 and 6. All the cards were in English and it was no problem. As Paul wrote, the game is stripped down to the essentials. Each player leads a character who has a quest, the solution to which is hidden in this magical forest. Area cards are revealed. There are paths and places. If it is a place, event cards are dealt, which can be events, creatures, companions or items. Each character has two traits, „Strength“ and „Prowess“, in addition to the task to be accomplished. A physical talent and a mental talent. With companions, defeated adversaries or items, the two properties can be increased. This is also necessary, because otherwise the given tasks cannot be solved. A very simple dice game with unbalanced tasks and unbalanced characters, but it is a lot of fun.
In general, a lot of fantasy board games appeared in the 80s. A distinction has to be made between fantasy games that belong more to the genre „wargame“, like „Elric“, „Wizards Quest“ and „Dragon Pass“. (In „Dragon Pass“ there is a nice connection to role-playing. To be able to publish the game, „Chaosium“ was founded. „Glorantha“, the world set in „Dragon Pass“, later became the background world for the role-playing game „Runequest“. Decisions in „Runequest“ were decided by a percentage roll, as later in the very popular role-playing game „Call of Cthulhu,“ also by „Chaosium.“). And fantasy board games belonging to the adventure genre, such as „Magic Realm“, „Wizards“, „Warlock“ (a precursor to „Magic“), „Talisman“, „Dungeon Quest“, „Warlock of the Firetop Mountain“ and „Heroquest“. A third group were the games around the theme „Lord of the Rings“. Mostly also rather to be assigned to the group „Wargame“. First to mention is „War of the Ring“ by „SPI“, which was already awarded as the best fantasy board game in 1977.
„Riddle of the Ring“, “Battle of the five Armies“, „The Lonley Mountain“ all from ICE, and also from „ICE“ „Fellowship of the Ring“ which took the basic idea of „War of the Ring“ and developed it further. The game used dice as game pieces, with the number of dice indicating the type of movement such as sneak, hide, ride. In addition, the Fellowship player could distribute rumors in the form of these dice/tokens each turn to confuse the Sauron player. An interesting game with horrible rules. At the time, I had created index cards for the individual turn, which, if it was one’s turn, were dealt in phase order.
I remember another story about „Magic Realm“. In 1985 the „SPIEL“ in Essen took place for the first time in the „Gruga“. Like the year before, I could sign up for different game rounds, where an experienced player explained games. Among others, I had registered for „Magic Realm“. Eight of us sat together in a small room, a so-called fair cabin. The game was being explained, when suddenly the walls began to vibrate, along with a humming and droning sound, as if we were sitting in a spaceship,which was about to take off, instead of in this fair cabin. We left the room in a panic, only to find that the fair’s cleaning crew had begun polishing the floor in this part with their electric blockers. They looked at us in complete wonder as to what we were doing here. They kindly stopped their work and the explanation of the game could continue. The explanation and the setup of the game lasted for what felt like an hour. After that, we played for what felt like 10 minutes and were all dead. When asked by the explainer if we wanted to start again, everyone politely declined with a smile. A lasting experience. Nevertheless, I sold my copy (unplayed) only in 2019 at the SPIEL.
The fact that these games were also published in German at that time is due to the „Schmidt-Spiele“ publishing house, which translated and also distributed many of these titles. Probably due to the fact that „Schmidt“ was very successful with the role-playing game „Das Schwarze Auge“. Thus, many of the above titles were published by „Schmidt“. „Warlock“, „Talisman“, „Drachenhort“, „der Zauberer vom flammenden Berg“. At the beginning of the 90s the board games of the „Black Eye“, „The Village of Horror“ and „The Castle of Terror“ were published.
After that, it became quiet around the fantasy board games. It was not until the beginning of the new millennium, certainly in connection with the release of the „Lord of the Rings“ movie trilogy, that more fantasy board games appeared again. One of the first games at that time was „Return of the Heroes“. My first publication and the first own board game of „Pegasus“, which proved very great courage at that time and whose rise as a leading publisher of sophisticated games began with it.
It is interesting that no fantasy board game has managed to be awarded by the jury „Spiel-des-Jahres“ (Game of the Year), unless you consider „Elfenland“ and „Dominion“ as fantasy board games.
But even on the list of the „Deutscher Spielepreis“ (German Game Award), fantasy board games have only appeared sporadically since 2005. Is Germany not a good place for fantasy board games?
In recent years, some great, but also very elaborate titles have appeared, most notably „Gloomhaven“, released in 2017. A wealth of scenarios, characters, tasks and material. I think I once read that the second edition weighed almost 10 kg. For me as a game designer, however, I am impressed by the tremendous amount of work that went into this game. The fact that this multitude of components meshes and functions smoothly, commands my highest respect. I can only be astonished and admire such work by the designer Isaac Childres.
I hope it won’t be that long until my next episode. Stay well with me and stay healthy!